Kanzlei-Info 28.02.2018 / 09.00 Uhr

 Tag 1 nach dem faktischen Diesel-Aus

Was betroffene Autofahrer nach dem Diesel-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts jetzt tun können.

 

  • Auto zurückgeben bei zu hohem Spritverbrauch

Diesel-Fahrer sollten jetzt genau hinsehen und zwar nicht nur auf das Abgasverhalten, sondern insbesondere auch auf das was in den Tank kommt.

Wenn nämlich ein Auto mehr als 10% mehr verbraucht als vom Hersteller angegeben, kann ein Autofahrer gegen Rückzahlung des Kaufpreises das Auto zurückgeben (OLG Hamm I-28 U 94/12; BGH, Urteil vom 09.06.20111, 28 U 12/11).
Auch das stellt nämlich einen erheblichen Mangel gemäß §§ 434, 437 BGB dar und berechtigt zur Rückgabe.

Sprit-Verbrauchs-Studien erhalten im Zusammenhang mit dem gestrigen Diesel-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts eine völlig neue Bedeutung. So hatte beispielsweise der Umweltforschunger-Verbund ICCT in Reihenuntersuchungen Ende 2016 festgestellt, dass Autos im Schnitt 42 % mehr verbrauchen als vom Hersteller angegeben.

Hierauf können -und sollten- sich insbesondere Diesel-Fahrer nunmehr berufen, weil sie ja letztlich auch in diesem Punkt (Spritverbrauch) falsch informiert wurden.

 

  • Auto zurückgeben wegen Schummel beim Abgasverhalten

Nachdem die Gerichte zunächst skeptisch waren (z.B. Landgericht Bochum, Urteile März 2016) und eine Rückabwicklung nicht akzeptiert hatten, setzt sich nunmehr bei Gericht die Rechtsmeinung durch, dass die betrogenen VW-Diesel-Kunden ein Rückgaberecht haben (Urteil unserer Kanzlei Landgericht Essen, Urteil vom 5.10.2017, – 4 O 107/17-; Urteil unserer Kanzlei, Landgericht Nürnberg-Fürth, 20.2.2018, -9 O 3425/17-, Pressemitteilung OLG Hamm http://www.olg-hamm.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilung_archiv/archiv/2017_pressearchiv/160-17-Abgasskandal-Entscheidungen-2017.pdf und http://www.olg-hamm.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilung_archiv/02_aktuelle_mitteilungen/031-18-VW-Abgas_Terminankuendigung-Maerz_April-2018.pdf

In einem von uns vertretenen und mit Spannung erwarteten VW-Rückgabe-Prozess vor dem OLG Hamm am 18.1.2018 hatte das beklagte Autohaus einen Tag (!) vor der Gerichtsverhandlung den vollen Kaufpreis plus Zinsen zurückerstattet und so im letzten Moment ein Urteil des OLG Hamm verhindert.

Bei der Rückabwicklung von Diesel-Fahrzeugen müssen sich Autofahrer nach aktueller Rechtsprechung übrigens lediglich 0,33% (LG Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil vom 20.2.2018, -9 O 3425/17-) vom Neupreis pro gefahrene 1.000 Kilometer anrechnen lassen.

Diese Berechnung geht von einer durchschnittlichen Fahrleistung von 300.000 Kilometern aus. Bei einem Fahrzeugneupreis von 30.000 EUR und Rückgabe nach 2 Jahren bei zurückgelegten 30.000 Kilometern sind dies beispielsweise knapp 3.000 EUR.

Der Vorteil für Autofahrer ist nämlich, dass sie noch während des laufenden Rückgabeverfahrens (außergerichtlich oder auch Prozesse) das Fahrzeug ganz normal weiter nutzen dürfen).

 

  • Weitere Rückgabemöglichkeiten

Individuell gibt es auch noch weitere Anknüpfungspunkte für die mögliche Rückgabe des Fahrzeugs. Hierbei kommt es allerdings auf die individuellen Vereinbarungen während des Vertragsschlusses und die konkreten Vertragsunterlagen an. Autofahrer/Verbraucher sollten ihre Unterlagen noch einmal genau prüfen und das Kleingedruckte auf Lücken untersuchen.

 

  • Klagen gegen Fahrverbote

Wenn es in Gemeinden/Städten zu Fahrverboten kommt, sind auch Individualklagen möglich.

Betroffene Autofahrer können bei Einrichtung von Fahrverboten Klagen zum Verwaltungsgericht einreichen.
Nachdem allerdings das Bundesverwaltungsgericht Fahrverbote für grundsätzlich zulässig erklärt hat, wird es unseres Erachtens bei solchen Klagen eher um Fragen der konkreten Umsetzung (Tageszeiten, Wochentage, Ausnahmeregelungen usw.) gehen.
Sie erreichen uns für weitere Fragen über 0209.23831.